Kreisgruppe Osnabrück

Nachtfalter

Nachtfalter im Landkreis und Stadt Osnabrück

Nachtfalter im Landkreis und in der Stadt Osnabrück

Zum ersten Mal wurden unter vereinfachten Bedingungen die Nachtfalter auf fünf extensiven Wiesen den Projekts "Blühender Landkreis Osnabrück" untersucht. Bei den Wiesen handelt es sich um den BUND Naturgarten am Gertrudenberg in der Stadt Osnabrück, die Friedhofswiese in Bad Rothenfelde, einer Schafswiese mit Brachland, einer Wiese am Waldhang in der Noller Schlucht sowie einer Wiese mit anliegenden intensiv bewirtschafteter Wiesen.

 

Tagfalter und Nachtfalter

Schmetterlinge (Lepidoptera), abgeleitet vom griechischen (lepis = Schuppe und pteron= Flügel), sind in der Gesellschaft, im Gegensatz zu vielen anderen Insekten, als schöne, bunte und harmlose Tiere anerkannt. Mit rund 100.000 nachgewiesenen Schmetterlingsarten bilden sie, nach den Käfern (Coleoptera), die zweitgrößte Ordnung der Insekten. Insgesamt lässt sich die Ordnung in 3 Unterordnungen, 18 Großfamilien und in über 100 Familien kategorisieren (KLOTS 1978). Von allen Arten sind ca. 4000 in Mitteleuropa und bis zu 3700 in Deutschland zu finden. 185 Arten, 44 nur in alpinen Regionen vorkommend, zählt man zu den Tagfalter. Den Rest machen die Nachtfalter aus (SETTELE et al. 2015). Unterschieden werden Tag- und Nachtfalter vor allem durch ihre Aktivität, wann sie fliegen. Tagfalter fliegen nur am Tag, währenddessen Nachtfalter sowohl am Tag als auch in der Nacht aktiv sein können. Eine zuverlässige Weise zwischen Tag- und Nachtfalter zu unterscheiden, ist die Betrachtung der Fühler bzw. der Antennen (vgl. Abb. 1). Während bei Tagfaltern die Fühleram Ende verdickt und keulenförmig sind, sind sie bei Nachtfaltern spitz zulaufend und häufig mit Seitenästen gefiedert (WEIDEMANN und KÖHLER 1996). Nicht überraschend sind innerhalb der Nachtfalter die Familien mit den höchsten Artenzahlen zu finden. Die größten Familien stellen Eulenfalter (Noctuidae), Spanner (Geometridae), Zünsler (Pyralidae), Bärenspinner (Arctiidae), Zahnspinner (Notodontidae), Schwärmer (Sphingidae), Sichelflügler (Drepanidae), Wurzelbohrer (Hepialidae) und Wickler (Tortricidae) dar. Neben ihnen gibt es noch etliche weitere (DIERL 1992).

 

Ökologische Bedeutung

Schmetterlinge sind in allen erdgebunden Vegetationstypen und Ökosystemen anzutreffen. Die Überlebensfähigkeit der verschiedenen Arten ist vor allem durch das Angebot und die Qualität ihrer Nahrungspflanzen abhängig. Die Existenz einer Population wird außerdem maßgeblich durch das Klima, Kleinklima und der Witterung beeinflusst (MEINEKE 1995). Trotz der teilweisen lückenhaft erforschten und sehr komplexen Lebensansprüche können Schmetterlinge als Bioindikatoren für Umweltveränderungen herangezogen werden. Sie besitzen eine enge Bindung an wenige Nahrungspflanzen und eine daraus resultierende speziefische Habitatbindung. Ihre Saugrüssel sind oft an bestimmte Blütenformen, z. B. Orchideen, spezialisert und dienen im weiten Maße als Blütenbestäuber zahlreicher Pflanzen (EBERT 1997). Eine so enorm große Artengruppe wie die der Schmetterlinge hat viele natürliche Feinde. So werden sie von Vögeln, Fröschen, Eidechsen, Fledermäusen und kleineren Säugetiere gejagdt und gefressen. Aber auch andere Insekten wie Spinnen, Wespen, Ameisen, Hornissen, Laufkäfer und Gottesanbeterinnen ernähren sich von ihnen. Im Zuge dessen existieren sogar einige Wespen- und Fliegenarten, welche auf bestimmteSchmetterlingsarten spezialisiert sind. Einen Ausgleich gegen so viele Feinde, schafft die hohe Fruchtbarkeit der Schmetterlinge, um die doch erheblich vorkommenden Schwankungen der Populationen zu regulieren (KLOTS 1978).

 

Gefährdung der Schmetterlinge

Die Lebensräume von Tag- und Nachtfaltern sind so vielfältig wie sie selbst. Sie kommen im Offenland, in Wäldern, auf Wiesen, Weiden, Magerrasen, Schneisen, Lichtungen, Feldern oder sogar auf Grünflächen in Stadtzentren vor. Dabei werden Flächen mit differenzierter und blütenreicher Flora in der Regel als Flugplätze bevorzugt. Wie bereits erwähnt, sind viele Arten sehr standortstreu, sodass bereits geringe Einflüsse und Veränderungen die Existenz der Tiere bedrohen kann. Schmetterlinge sind, wie viele andere Tiergruppen, vor allem durch eine Nutzungsintensivierung oder Nutzungsaufgabe ihrer Lebensräume gefährdet, z. B. die Aufgabe von Niederwaldnutzung oder die Beweidung von Mooren. Als Intensivierung lassen sich Entwässerung und Düngung mit anschließender Nutzung als Acker oder Vielschnittwiese als Beispiel heranziehen (SETTELE et al. 2015). Für viele Nachtfalter ist die Lichtverschmutzung durch künstliche Lichtquellen ein nicht zu unterschätzender Faktor was die Gefährdung dieser Tiere betrifft. Sie werden von Straßenlaternen, Leuchtreklamen oder anderen Lichtern angezogen und bleiben bis zum nächsten Sonnenaufgang sitzen, wo sie als leichte Beute vielen Vögeln zum Opfer fallen (BELLMANN 2016).

 

Wie werden Nachtfalter kartiert?

Für die Aufnahmen der Nachtfalter wurde der Fang mit einer nicht automatischen Lichtfalle als Methode angewendet. Die Lichtfalle besteht aus einer ca. ein Meter achtzig, zusammensteckbaren Metallstange, welche mit ihrem spitzen Ende in den Boden geschlagen wird. Auf mittlerer Höhe der Stange wird eine superaktinische Leuchtstoffröhre mit hohem UV-Anteil befestigt bzw. an einem kleinen Haken aufgehangen. Betrieben wird die Lichtquelle über Klemmverbindungen mit einer Motorradbatterie. Anschließend wird ein weißes feinmaschiges Netz auf die Metallstange gesteckt, sodass sich ein Zylinder bildet an dem sich die Nachtfalter (und andere Insekten) niederlassen.

 

Wie steht es um Nachtfalter in Stadt und Landkreis Osnabrück?

 

BUND-Naturgarten

Die Aufnahmen auf dieser Fläche erfolgten am 26.05.2020 und am 29.05.2020.

Insgesamt wurden 21 Nachtfalterarten auf der Fläche nachgewiesen. Damit ist sie die Fläche mit den wenigsten nachgewiesenen Arten. Die zahlreichste Familie bilden die Spanner (Geometridae) mit neun gefundenen Arten. Gefolgt von den Eulenfaltern (Noctuidae) mit sieben Arten und den Wicklern (Tortricidae) mit drei Arten. Zusätzlich konnte jeweils eine Art aus der Familie der Langhornmotten (Adelidae) und der Zahnspinner (Notodontidae) erfasst werden.

 

Friedhofswiese in Bad Rothenfelde

Die Aufnahmen auf dieser Fläche erfolgten am 02.06.2020 und am 03.06.2020.

Hier konnte ein Artenspektrum von 28 Nachtfaltern erfasst werden. Darunter befinden sich sieben Spanner (Geometridae), sechs Eulenfalter (Noctuidae), vier Wickler (Tortricidae) und vier Zünsler (zwei Crambidae & zwei Pyralidae). Der einfachheitshalber werden die Familien der Zünslerfalter hier zusammengefasst. Des Weiteren wurden zwei Zahnspinner (Notodontidae) festgestellt, sowie jeweils eine Art der Familien der Gespinstmotten (Yponomeitidae), der Langhornmotten (Adelidae), der Schwärmer (Sphingidae), der Sichelflügler (Drepanidae) und der Wurzelbohrer (Hepialidae).

 

Schafswiese und Brachland

Die Aufnahmen auf dieser Fläche erfolgten am 22.06.2020 und am 24.06.2020.

In diesem Untersuchungsgebiet ließen sich 30 Nachtfalterarten nachweisen. Die beiden größten Familien bilden mit acht Arten die Eulenfalter (Noctuidae) und mit sieben Arten die Spanner (Geometridae). Außerdem konnten fünf Zünsler (Crambidae), vier Wickler (Tortricidae), drei Zahnspinner (Notodontidae), ein Bärenspinner (Erebidae bzw. Arctiinae), ein Schneckenspinner (Limacodidae) und ein Sichelflügler (Drepanidae) dokumentiert werden.

 

Waldhang an der Noller Schlucht

Die Aufnahmen auf diesen Flächen wurden am 25.06.2020 und am 13.07.2020 durchgeführt.

Diese Wiese besitzt, mit insgesamt 42 Arten, eine der differenziertesten und höchsten Artenzusammensetzungen der untersuchten Flächen. Hier konnten zwölf unterschiedliche Familien der Nachtfalter beobachtet werden. Darunter fallen elf Spanner (Geometridae), neun Eulenfalter (Noctuidae), acht Zünsler (sieben Crambidae & ein Pyralidae), sechs Bärenspinner (Erebidae) und zwei Wickler (Tortricidae). Von den Familien der Kahneulchen (Nolidae), Miniermotten (Gracillariidae), Schneckenspinner (Limacodidae), Sichelflügler (Drepanidae), Wurzelbohrer (Hepialidae) und Zahnspinner (Notodontidae) wurde jeweils eine Art erfasst.

 

Landwirtschaftswiese

Die Aufnahmen auf der letzten Fläche erfolgten am 21.07.2020 und am 27.07.2020.

Hier wurden ebenfalls 30 Arten nachgewiesen. Dazu zählen sieben Zünsler (sechs Crambidae, ein Pyralidae), sechs Eulenfalter (Noctuidae), vier Spanner (Geometridae), vier Wickler (Tortricidae) und zwei Gespinstmotten (Yponomeitidae). Die Familien der Federmotten (Pterophoridae), der Kahneulchen (Nolidae), der Roeslerstammiidae (kein deutscher Name vorhanden), der Schleier- und Halbmotten (Plutellidae), der Sichelflügler (Drepanidae) und der Zahnspinner (Notodontidae) kommen mit jeweils einer Art vor.

Insgesamt wurden, über alle Flächen verteilt, eine Anzahl von 111 Nachtfalterarten nachgewiesen, welche sich in 18 Familien gliedern.

Die drei am häufigsten gefundenen Arten sind der Dunkelbindiger Doppellinien-Zwergspanner (Idaea aversata), der Perlglanzspanner (Camapea margaritata) und der Rauten-Rindenspanner (Peribatodes rhomboidaria). Sie kommen, mit Ausnahme der Landwirtschaftswiese, auf allen anderen untersuchten Flächen vor. Viele Arten, wie z. B. der Lindenschwärmer (Mimas tiliae), der Achat-Eulenspinner (Habrosyne pyritoides) oder die Nonne (Lymantria monacha) sind hingegen immer nur auf einer Fläche erfasst worden. Dies zeigt, dass obwohl die extensiven Wiesen alle aus demselben Saatgut stammen, immense Unterschiede in der Artenzusammensetzung der einzelnen Flächen bestehen. Einen Rückschluss darauf bietet die direkte Umgebung der Flächen, so sind an der Wiese am Waldhang vermehrt Arten gefunden worden, welche Laub- und Mischwälder als Lebensraum bevorzugen. Währenddessen zeigt der Rostflügelbär (Phragmatobia fuliginosa) als Kulturfolger ein Vorkommen auf allen anderen Flächen (BELLMANN 2016).

 

Fazit

Die Kartierung bietet eine erste Basis zur Überprüfung des Erfolgs des Projekts und stellt somit eine Grundlage für zukünftiges Monitoring dar. Besonders vor dem Hintergrund, dass Schmetterlinge, mit all ihren Lebenszyklen, sehr komplexe Ansprüche an ihren Lebensraum stellen, wären weitere Untersuchungen, vor allem der Flora, ein wichtiger nächster Schritt zur Bewertung der Ergebnisse und fortführendem Monitoring der Flächen. Die Ergebnisse reflektieren vorangegangene Vermutungen über die Artenanzahl der jeweiligen Wiesen und ihrer Umgebung. Das die Fläche im Stadtgebiet Osnabrücks, umgeben von urbanem Lebensraum, die wenigstens Arten aufweist entspricht den Erwartungen. Ebenso ist es nicht verwunderlich das die naturnahste Wiese am Waldhang das größte Artenspektrum aufweist.